CO2-Kompetenzzentrum in Niederurnen

Ein wichtiger Beitrag zur Klimaneutralität

Zur Erreichung der nationalen Klimaziele soll in Zukunft das CO2, das in Kehrichtverwertungsanlagen anfällt, abgeschieden und anschliessend genutzt oder gespeichert werden. Bei der KVA Linth in Niederurnen GL werden die Grundlagen für eine erste Abscheidungsanlage in der Schweiz erarbeitet. Für die Entwicklung dieses Pionierprojekts und den Aufbau von landesweit nutzbarem Know-how wird an diesem Standort ein CO2-Kompetenzzentrum geschaffen. Federführend ist die Stiftung Zentrum für nachhaltige Abfall- und Ressourcennutzung (ZAR).

Im Januar 2021 hat der Bundesrat die langfristige Klimastrategie für die Schweiz veröffentlicht, wonach die Schweiz bis 2050 unter dem Strich keine Treibhausgase mehr ausstossen soll. In diesem Dokument wird aufgezeigt, wie die Schweiz ihren Beitrag zu den international vereinbarten Zielen zur Reduktion der Klimagase erreichen will. Diese Strategie basiert u.a. auf dem Konzept «Netto-Null» und legt für die einzelnen Sektoren die zu erreichenden Ziele fest. Mit dem Ziel «Netto-Null» wird dem Umstand Rechnung getragen, dass sich auch im Jahre 2050 nicht alle CO2-Emissionen vermeiden lassen. So zum Beispiel in der Landwirtschaft, bei der Zementherstellung oder bei der thermischen Abfallbehandlung. Die zu diesem Zeitpunkt noch ausgestossenen CO2-Emissionen müssen vollständig und dauerhaft mittels Senken (negativen Emissionen) der Atmosphäre entzogen werden. Neben den sehr grossen Herausforderungen zur Reduktion der CO2-Emissionen aus den Brenn- und Treibstoffen stellen die Kehrichtverwertungsanlagen wichtige Schlüsselelemente zur Erreichung der vorgegebenen Ziele dar.

Am Standort der KVA Linth in Niederurnen entsteht ein CO2-Kompetenzzentrum. Zweck dieses Zentrums ist es, eine CO2-Abscheidungsanlage zu bauen und zu betreiben. Das CO2wird dabei direkt aus den Abgasen der KVA Linth gewonnen. Anschliessend kann das CO2wiederverwendet werden – etwa für synthetische Treibstoffe –, oder es wird sicher, lokal bei der Herstellung von Beton aus dem Rückbau eingebunden oder in internationalen, unterirdischen Lagerstätten gespeichert. Dieser Prozess wird CCS genannt, kurz für «Carbon Capture and Storage».

Kehrichtverwertungsanlagen sind für die CO2-Abscheidung besonders gut geeignet, da sie eine grosse Quelle von CO2 darstellen. Zudem steht die Energie, die für den Abscheidungsprozess benötigt wird, durch die thermische Verwertung des Abfalls bereits zur Verfügung. Dass die Abgasreinigungen der Anlagen bereits eine sehr hohe Qualität aufweisen, ist ebenfalls eine gute Voraussetzung.

Mit der Anlage können CO2-Negativemissionen erreicht werden

Die Hälfte des CO2, das eine Kehrichtverwertungsanlage ausstösst, ist biogenen Ursprungs (z.B. von Holzabfällen oder Küchenresten) und damit klimaneutral. Wenn man dieses CO2 nun ebenfalls abscheiden und unterirdisch speichern kann, können negative Emissionen generiert werden: Rein rechnerisch wird mehr CO2 eingespart als ausgestossen.

Die CCS-Technologie ist deshalb ein entscheidendes Element, um die Klimaziele 2050 des Bundes mit «Netto-Null» Treibhausemissionen zu erreichen Aus diesem Grund hat der Bund mit dem Dachverband der Betreiber Schweizer Abfallverwertungsanlagen (VBSA) eine Zielvereinbarung geschlossen, wonach bis im Jahr 2030 mindestens eine CO2-Abscheidungsanlage in Betrieb sein muss. Als längerfristiges Ziel soll die Branche bis im Jahr 2050 3.6 Millionen Tonnen Negativemissionen erreichen.

Ziel ist eine flächendeckende CO2-Abscheidung

Mit der Gründung des CO2-Kompetenzzentrums in Niederurnen wird die KVA Linth nun zu einem Entwicklungsstandort für die ganze Schweiz. Ziel ist es, naturwissenschaftliches und technisches Know-how zur CO2-Abscheidung zu gewinnen und dieses Wissen der ganzen Abfallverwertungsbranche sowie ähnlich gelagerten Branchen landesweit zur Verfügung zu stellen. Auf dieser Basis soll dann eine gesamtheitliche Beurteilung für eine flächendeckende CO2-Abscheidung in der Schweizer Abfallbranche möglich sein, sowohl aus ökologischer als auch aus ökonomischer Perspektive.

Das CO2-Kompetenzzentrum ist vorerst auf vier Jahre ausgelegt. Bis dahin sollen alle Grundlagen beisammen sein, um über eine Investition in eine CO2-Abscheidungsanlage bei der KVA Linth entscheiden zu können. Betrieben wird das Projekt von der Stiftung Zentrum für nachhaltige Abfall- und Ressourcennutzung (ZAR). Finanziert wird es durch das Bundesamt für Umwelt (BAFU), den Branchenverband VBSA, die Stiftung für ein starkes Glarnerland der Glarner Kantonalbank, die KVA Linth sowie den Zweckverband Kehrichtverwertung Zürcher Oberland (KEZO) in Hinwil. Das Zentrum wird geleitet von Walter Furgler, Geschäftsführer der KVA Linth.

Logistische und politische Herausforderungen

In den kommenden vier Jahren wird das Team verschiedene Arbeitsschritte durchführen. Dazu gehören unter anderem der Aufbau des Kompetenzzentrums und eines verlässlichen Umwelt-Monitorings. Die Abgasreinigung und die Abwärmenutzung werden optimiert. Weiter wird das Team mögliche Absatzkanäle für das abgeschiedene CO2 evaluieren und logistische Fragen klären, etwa was den Abtransport des CO2 angeht. Zudem sind diverse Abklärungen zum Bewilligungsverfahren nötig.

Um CCS ganzheitlich umsetzen zu können, gibt es auch punkto Speicherung noch diverse logistische und politische Herausforderungen. So muss beispielsweise eine Transport-Infrastruktur in der Schweiz und in Europa aufgebaut werden. Für den Export und die Speicherung von CO2 im Ausland sind zudem entsprechende politische und rechtliche Rahmenbedingungen notwendig. An entsprechenden Lösungen arbeiten zurzeit der Branchenverband VBSA und die ETH Zürich, mit Unterstützung von verschiedenen Verbänden, Kantonen und dem Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK). Das CO2-Kompetenzzentrum in Niederurnen konzentriert sich derweil auf den ersten Teil des CCS-Prozesses, sprich die CO2-Abscheidung direkt in der KVA Linth.

CO2-Abscheidung und Abfallvermeidung

Zu Recht wird bei der Präsentation einer neuen Technologie immer auch die Frage aufgeworfen, braucht es das nun wirklich? Wäre da nicht das Vermeiden von Abfällen viel effizienter? In der Tat ist die Vermeidung von Abfällen ein Gebot der Zeit. Doch der Anfall der, von uns allen erzeugten Abfälle lässt sich nicht von den Abfallverwertungsanlagen steuern. Er ist geprägt von unserem Konsumverhalten, der Kurzlebigkeit der Produkte und dem Umstand, wie wir mit all unserem Hab und Gut umgehen. Abfallvermeidung und Wiederverwertung sind kein Widerspruch zur CO2- Abscheidung in Kehrichtverwertungsanlagen. Um zu einem nachhaltigen, klimaverträglichen Umgang mit unseren Gütern zu kommen, braucht es zwingend beides.

Nach der Abscheidung des CO2 direkt in der KVA Linth wird das Treibhausgas entweder wiederverwendet (CCU – Carbon Capture and Use) oder in internationalen, unterirdischen Lagerstätten gespeichert (CCS – Carbon Capture and Storage).

 

CO2 Abscheidung und -Nutzung oder -Speicherung

CCU – Carbon Capture Use ist die Nutzung des abgeschiedenen Treibhausgases – etwa durch die Produktion von Treibstoffen. Die heutigen Möglichkeiten zur Nutzung von CO2 sind gemäss aktuellen Studien noch nicht wirtschaftlich. An einer Optimierung der Technologien zur CO2-Nutzung wird weltweit intensiv geforscht.
CCS – Carbon Capture Storage ist die dauerhafte Speicherung von CO2. Als Lagerungsorte kommen unterirdische leere Gasfelder oder geeignete Gesteinsformationen in Frage.

 

Mehr Informationen

Mehr Informationen zum CO2-Kompetenzzentrum und zum CCS-Prozess:

www.zar-ch.ch
www.kva-linth.ch

Über die Stiftung ZAR

Die Stiftung Zentrum für nachhaltige Abfall- und Ressourcennutzung (ZAR) wurde 2010 gegründet und hat ihren Hauptsitz in Hinwil. Als Botschafterin für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft engagiert sie sich für eine optimale Nutzung der in den Abfällen enthaltenen Energie und Rohstoffe. Dabei fungiert sie als Schnittstelle zwischen der Praxis in den Kehrichtverwertungsanlagen und der Forschung in den Hochschulen. Die Stiftung betreibt zurzeit drei Kompetenzzentren. In der KEZO Hinwil (ZH) liegt der Fokus auf der physikalisch-mechanischen Wertstoffgewinnung aus der trockenen Schlacke. In der KEBAG Zuchwil (SO) werden chemische Verfahren zur Rückgewinnung von Wertstoffen und zur Schadstoffreduktion von Verbrennungsrückständen entwickelt. In der KVA Linth in Niederurnen (GL) wird eine CO2-Abscheidungsanlage entwickelt.
www.zar-ch.ch

Über die KVA Linth

Die KVA Linth in Niederurnen wurde 1973 in Betrieb gesetzt und seither regelmässig um- und ausgebaut. Laufend aktualisierte Technologien sorgen für einen minimalen Ausstoss an Schadstoffen. Mit der Verbrennungswärme produziert die KVA Linth Strom und betreibt ein leistungsfähiges Fernwärmenetz. Dazu filtert sie wertvolle Metalle aus den Rückständen. Eigentümer der KVA Linth ist der Zweckverband für die Kehrichtbeseitigung im Linthgebiet, der aus 28 Gemeinden mit über 170‘000 Einwohnern besteht.
www.kva-linth.ch

Kontakt

Walter Furgler, Geschäftsführer KVA Linth, Leiter CO2-Kompetenzzentrum, Tel. 055 617 27 40
Daniel Böni, Geschäftsführer Stiftung Zentrum für nachhaltige Abfall- und Ressourcennutzung (ZAR), Tel. 044 938 31 11

Medienmitteilung herunterladen